Im Januar starte ich mein neues Herzens- und Blogprojekt: Sippenkitt bezeichnet den Zusammenhalt innerhalb einer Familie. Dazu zählen nicht nur Blutsverwandte, sondern alle angeheirateten, adoptierten, lieb gewonnenen Menschen, zu denen wir ein familiäres Verhältnis entwickelt haben. Ich erzähle Geschichten und ermutige meine Leser dazu, ihre eigenen Geschichten zu entdecken. Was das soll, erkläre ich hier.
Vor einem Jahr sind wir zur selben Zeit beruflich getrennte Wege gegangen: Larissa, Marc und ich haben Abschied genommen vom Südwestrundfunk und vom Schwarzwald, aus unterschiedlichen Gründen und mit drei Perspektiven im Kopf. Eine ging nach Australien, eine schrieb ein Buch, einer nahm sich Zeit. Verrückt, mutig, fahrlässig? Hier unsere Erfahrungen: Wer kann, der muss!

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Vier Monate habe ich auf diese eine Mail gewartet. Sie kam nicht. Während der Wartezeit ging es mir schlechter als sonst. Und das ärgerte mich. Zum Glück fand ich heraus: Wer warten kann, ist im Leben erfolgreicher, kreativer, fröhlicher und kann besser für sich sorgen. Für Bento habe ich aufgeschrieben, warum das Warten gut für uns ist.

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Du willst ein Buch schreiben? Großartig! Denn niemand anderes als Du selbst kann dafür sorgen, dass Dir das auch gelingt.
Weil ich mehrere Jahre gebraucht habe, um das zu kapieren, möchte ich den Weg für Dich gern abkürzen. Sieben Anschub-Gedanken für Dich, wenn Du ebenfalls diesen irrsinnigen, naiven und heulenschönen Traum träumst.
P.S. Dieser Text ist entstanden, weil ich mich davor drücken wollte, mein Buch weiter zu schreiben. Ihr versteht, dass ich jetzt los muss. Seite 181 wartet. 💪
Für die niederländische Botschaft habe ich das neue Buch des Autors und Historikers Geert Mak gelesen. „Die vielen Leben des Jan Six“ erstrecken sich auf 500 Seiten. Warum sie sich lohnen und welche fünf Anekdoten ich in meinen Party-Gesprächsstoff aufnehmen werde. Für besondere Anlässe 😉
Geert Mak führt uns durch das Leben der bekannten Amsterdamer Adelsfamilie Six. Dabei vermitteln Briefe, Kleider, Alltagsgegenstände und kostbare Gemälde zwischen der Vergangenheit und dem Jetzt. Wir lernen den ersten Jan Six im Goldenen Zeitalter kennen und verfolgen all seine späteren Namensvetter. Aus den fleißigen Tuchfärbern werden Schöngeister, Beamte, Politiker und Wissenschaftler.
Über die Jahrhunderte hinweg sammeln und dokumentieren die Sixe, was sie bewegt (und stellen es bis heute in ihrem Haus aus). Wo Kunst und Korrespondenzen der Familie ihre Lücken lassen, setzt Geert Mak das Puzzle gekonnt mithilfe weiterer Quellen zusammen. So gelingt es ihm, die Familie Six mit anderen bedeutenden Ereignissen und Menschen von Rembrandt bis Roosevelt vor unserem inneren Auge zu verflechten.
Geert Mak versteht es, seine Leser unvermittelt anzusprechen, als säße man bei einem „kopje koffie“ an der Gracht. Und wie das mit Familiengeschichten so ist: Wer sie erzählt bekommt, verliert sich auch mal zwischen all den Jans, Piets, Annas und Nines. Dafür geben sie der niederländischen Geschichte ein Gesicht – und uns Lesern einen Schatz an Anekdoten, die wir gerne weitererzählen.
Fünf Dinge, die ich in „Jan Six“ gelernt habe:
1. Kenne die bucklige Verwandtschaft: Die reichen Familien in Amsterdam sicherten sich über Jahrhunderte untereinander gut ab. Hier ein kleiner Posten für den Schwager, da eine Rente für die unverheiratete Großnichte oder dort eine Fürsprache in einem Streit – und alles nicht ohne Gegenleistung. Man kennt das ja. Das System der sogenannten Magschaften stammt aus dem Mittelalter und funktionierte so oder so ähnlich auch andernorts. Wer es ernst nahm, fühlte sich damals für alle Verwandten verantwortlich, die von den eigenen acht Urgroßeltern abstammten. 😳
2. Sei nicht da, wenn Besuch kommt: Im 19. Jahrhundert war es sonntags Brauch, den anderen reichen Familien Besuche abzustatten. Man fuhr mit der Kutsche vor dem Haus seiner Bekannten vor, schickte seinen livrierten Stallknecht mit einer Visitenkarte hinein und folgte ihm nach, sofern der zu Besuchende sich nicht verleugnen ließ oder nicht tatsächlich unterwegs war. Mitunter waren die Besucher auch erleichtert, wenn sie es dabei belassen konnten, einfach nur die Visitenkarte abzugeben und weiterzufahren. 🙈
3. Fortschritt kann sich umkehren: Die Emanzipation war zum Ende des 18. Jahrhunderts schon so weit vorangeschritten, dass Frauen als Philosophinnen, Autorinnen oder Komponistinnen am gesellschaftlichen Leben teilnahmen. Dies änderte sich eine Generation später wieder. Das „schöne Geschlecht“ wurde zierendes Beiwerk, und es ziemte sich für Frauen nicht, ohne Begleitung das Haus zu verlassen – und schon gar nicht zwischen ein und drei Uhr nachmittags auf die Amsterdamer Kalverstraat zu gehen, denn die gehörte in dieser Zeit den Prostituierten. 😏
4. Öko ist Proll: Farben waren lange Zeit nur etwas für die Reichen, denn Blau, Rot oder Schwarz etwa mussten mit Naturstoffen hergestellt werden, und die waren teuer. Die einfachen Leute trugen ungefärbte Kleidung. Die war meistens braun oder beige oder blassgrün. Mit seinem roten Umhang, wie er ihn auf dem bekannten Rembrandt-Gemälde trägt, stach Stammvater Jan Six, Begründer der bekannten Amsterdamer Patrizierfamilie, also aus der „grauen Masse“ heraus. 🌿
5. Bier hilft viel: Ihre Vorliebe fürs niederländische Bier wurde den deutschen Besatzern während des Zweiten Weltkriegs in Amsterdam zum Nachteil. Als ein Jan Six in dieser Zeit als Direktor die Amstel-Brauerei führte, ließ er die Lieferlisten den alliierten Geheimdiensten zukommen: Das Bier war eine eindeutige Spur zum Feind – es wurde dorthin gebracht, wo deutsche Truppen stationiert waren. Tja. 🍺
Wenn ich für Snapchat eine Short Story schreibe und plane, dauert das mehrere Tage. Bis die Geschichte tatsächlich in der App steht, muss ich mindestens eine Stunde lang ununterbrochen snappen. Aua! Aber es lohnt sich. Warum Snapchat die Plattform für Short Stories ist. Mehr in meinem Blog auf Medium.
Meine Snapchat-Kurzgeschichten dürfen auf YouTube ein zweites Leben führen. Schaut euch dort die Stories an über den grantigen Barry Kant, der von den Nachbarskindern gehänselt wird, über eine Tochter, die verpasst, aus ihrem Zug auszusteigen, oder über eine ungesunde Liebe, die einfach nicht gut enden kann.

Foto: kaboompics
Wer Journalist werden will, hat abertausend Wege dorthin. Aber muss ein Studium unbedingt sein? Kollege Heiko Kunzmann hat Journalisten dazu um Blogbeiträge gebeten. Mein Rat: Wer gerne studiert, soll unbedingt studieren. Für den Journalismus zählen: Handwerk, Nachdenken über Theorie und Praxis, Spezialwissen, Technikkompetenz. Und Rechtschreibung! Mehr dazu hier in meinem Blog bei Medium.

Fragen nach früher bedeutet: die Wege auch mehrfach gehen. (Foto: Pexels / Tookapic)
Wenn wir mit älteren Menschen über das reden, was früher war, müssen wir uns klar sein: Wir hören die aktuelle Version der Geschichte. Mit jedem Lebensjahr, mit jeder weiteren Erfahrung erscheinen die Geschehnisse von damals in einem neuen Licht. Wer sich erinnert, ordnet gleichzeitig ein. Die US-amerikanische Schriftstellerin und Wissenschaftlerin Siri Hustvedt beschreibt es so:
„Beim Akt des Erinnerns wird nicht irgendeine auf der ‚Festplatte‘ des Gehirns abgesicherte ursprüngliche Tatsache abgerufen. Was wir uns ins Gedächtnis rufen, ist die letzte Version einer gegebenen Erinnerung.“*
Zwei wesentliche Faktoren beeinflussen demnach diese letzte Version: die Gefühle und das, was wir weglassen. Siri Hustvedt meint dazu:
„… ist doch klar, dass die Erinnerung durch Emotionen konsolidiert wird, dass die Bruchstücke der Vergangenheit, die wir am besten erinnern, die von Gefühl gefärbten sind, egal, ob Freud, Leid oder Schuld.“*
Bemerkenswert finde ich dabei, dass Hustvedt uns noch einmal auf die Verwandtschaft zwischen dem Erinnern und dem Geschichtenerzählen aufmerksam macht. Was unwichtig erscheint, wird weggelassen:
„Die Geschichten in der Erinnerung und in der Fiktion sind auch aus Fehlendem gemacht – dem ganzen Material, das ausgelassen wird.“**
Doch das erschwert es uns auch, wenn wir bei unseren Großeltern nachforschen: Woher sollen wir wissen, was fehlt? Wie danach fragen? Vieles können wir in Büchern nachlesen und so eventuelle Lücken aufspüren. Aber das, denke ich, braucht es zumindest für den Anfang nicht.
Fragen können wir unsere Großeltern stattdessen nach den ganz banalen Dingen im Alltag: Was habt ihr gegessen? Wie oft habt ihr Post bekommen? Wie habt ihr gefeiert? Wenn konkret Bilder im Kopf hervorgerufen werden, die mit Emotionen behaftet sind, findet das Gespräch seinen Weg. Ihn können wir vorwärts, rückwärts und auch mehrfach gehen.
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* Hustvedt, Siri (2010): Die wahre Geschichte. In: S. Hustvedt, Leben, Denken, Schauen. Essays, (129-158). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
** Hustvedt, Siri (2010): Drei emotionale Geschichten. Ibid., (232-259).

Späte 40er-Jahre, so gesehen. / Collage: Krüger
Heute ist es vielleicht schon zu spät. Die Frage, die Du immer hattest stellen wollen, flattert ins Leere, weil der Mensch, der sie beantworten sollte, nicht mehr da ist.
Wir verabschieden uns gerade von einer Generation, die durch die Hölle gegangen ist, und zwar hier bei uns. Kinder, die tagsüber im Schutt gespielt haben und nachts von den Sirenen aus dem Schlaf gerissen worden sind. Junge Frauen, deren Männer nie darüber reden konnten, was sie getan haben und was ihnen angetan worden ist. Junge Männer, deren Frauen, Schwestern und Mütter nie darüber redeten, was andere Männer mit ihnen gemacht haben. Junge Menschen, die ihr bisheriges Leben in 30 Kilo Gepäck zusammenraffen und fortgehen mussten. Junge Menschen, die als einzige aus ihrer Familie dem Lager entkommen sind.
Oma denkt, es reicht nicht
„Ja und dann kam der Krieg“, „es war ja Krieg“, „das war damals so“ sind Sätze, die bei vielen von uns keine konkreten Bilder mehr hervorrufen. Wir kennen nur die schwarzweißen Fotos und Videoaufnahmen von Leuten mit seltsamen Stimmen und rollendem R, von Häuserruinen und Bombern. Wir sagen „Wir hatten ja nichts, damals“ und meinen das witzig. Wir stöhnen, wenn Oma (ausgesprochen mit zwei „m“), wenn also Omma trotz ihrer drei Torten denkt, es könne nicht für alle reichen.
Aber was wissen wir eigentlich über die Jugend von vor 70 Jahren? Deren erste Lebensjahre und -jahrzehnte geprägt waren von Gewalt, Tod und Not? Es sind schließlich diejenigen, die uns mit großgezogen haben. Die Nazis waren oder nicht oder irgendwo dazwischen standen, weil das Leben nun mal nicht schwarz oder weiß ist. Wenn wir Glück haben, gibt es Briefe oder alte Familiengeschichten, von denen wir ungefähr wissen, wie sie sich zugetragen haben. Oder es gibt den Großonkel, der mühevoll Daten für einen Stammbaum in den Computer getippt hat.
Bitte frag nach!
Ich möchte Dich bitten: Frag nach. Stell die Fragen, die ich und viele andere nicht gestellt haben. Lass nicht zu, dass Du irgendwann sagen musst: „Das hätte ich gerne gewusst.“
Als meine Großeltern noch lebten, war es selbstverständlich für mich, dass sie da waren. Und tatsächlich habe ich sogar Fragen gestellt. Aber ich habe mich mit den ersten Antworten begnügt und nicht weitergetastet. Wir hatten, so scheint es, ein unbewusstes Abkommen: Die heile Gegenwart sollte nicht von Vergangenem angekratzt werden.
Heute hätte ich gern das hier von ihnen gewusst:
1) Wo fühlst Du Dich zuhause?
2) Wunderst Du Dich manchmal über die Zeit, in der Du gerade lebst?
3) Welche Erfahrung hättest Du lieber nicht gemacht?
4) In wen warst Du verliebt?
5) Was hast Du vor Deinen Eltern verheimlicht?
6) Hast Du Dir manchmal ein anderes Leben ausgemalt? Welches?
7) An welchen Geruch aus Deiner Kindheit erinnerst Du Dich?
8) Was beruhigt Dich, wenn Du Angst hast?
9) Welches Buch hat Dich am meisten beeindruckt?
10) An welches Lied aus Deiner Jugend erinnerst Du Dich? (Das hier?)
11) Was ist Dein Lieblingsfilm?
12) Wann wurde Dir bewusst, dass Hitler Deutschland ins Verderben führt?
13) Warum warst Du (nicht) in der HJ?
14) Haben Menschen Dir im Krieg körperliches Leid angetan?
15) Wer weiß davon?
16) Wie lange hat es gedauert, bis Du nachts nicht mehr vom Krieg geträumt hast?
17) Wie ist das, wenn einem der eigene Tod begegnet?
18) Welchen Gegenstand musstest Du auf der Flucht zurücklassen, den Du noch heute vermisst?
19) Was sollten wir Menschen geben, die zu uns nach Deutschland flüchten?
20) Warum hast Du die DDR nicht verlassen, als Du es noch konntest?
21) Wann bist Du am glücklichsten gewesen?
22) Was war Dein größter Fehler?
23) Welche Eigenschaft an Dir magst Du am wenigsten?
24) Was ist Dein besonderes Talent?
25) Glaubst Du an Gott?
26) Wer ist Dein größter Held?
27) Welcher Mensch fehlt Dir am meisten?
Welche Fragen stellst Du?
#fragoma @newsbykatriona
Wenn wir wirklich etwas für Flüchtlinge und Migranten tun wollen, dann sollten wir aufhören, ständig mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Wir sollten anerkennen, dass Fremdenhass unser Problem ist. Und wenn wir jemanden zum Schämen in die Ecke gestellt haben, müssen wir da auch hineingehen und ihn wieder herausholen. Dieser Artikel ist ein Jahr alt – aber immer noch aktuell. Mehr lesen…